Aktualisiert am 21.12.2020

Im Osten Belgiens, unweit der deutschen Grenze liegen die Orte Stavelot und Malmedy in der Provinz Lüttich. Während meines Winterurlaubs in den Ardennen besuchte ich beide Ortschaften. Ein winterlicher Tagesausflug in die Schwesterstädte kann durchaus reizvoll sein und bietet viele Facetten.

Inhaltsverzeichnis

Stavelot

Stavelot am Ufer der Amel ist mit knapp etwas mehr als 7000 Einwohner die kleinere Gemeinde. Von Aachen sind es nur knapp 70 km. Das Städtchen in den Hochardennen zählt zu den ältesten des Landes. Stavelot und Malmedy wurden in der Ardennenoffensive von 1944 auch nicht verschont und dieser unsinnige Krieg fügte beiden Ortschaften großes Leid zu. Die Narben aus dieser Zeit sind in Form von Gedenkstätten, Museen und Friedhöfen noch immer sehr präsent.

Gedenkpark in Stavelot

Gedenkpark in Stavelot

Abtei von Stavelot

Eine der ältesten Klosterstiftungen Belgiens und Bestandteil des wichtigsten Kulturerbes des wallonischen Region ist die Abtei von Stavelot. Die Doppel-Abtei Stavelot-Malmedy besaß während des gesamten Mittelalters einen bedeutenden Einfluss. Drei renommierte Mussen und eine Galerie mit temporären Ausstellungen befinden sich heute in der Abtei. Vor allem bei Regenwetter lassen sich hier ein paar Stunden sehr gut überbrücken. Wer denkt, diese Idee werden bei Schietwetter viele haben und die Räumlichkeiten werden stark besucht sein, der wird staunen. Wir waren teilweise fast alleine in den Ausstellungsräumen unterwegs. Folgende Museen befinden sich in der Abtei:

  • Das Museum der Rennstrecke Spa-Francorchamps
  • Museum der Geschichte des Fürstbistums Stavelot und Malmedy mit einem Rundgang ab dem 12. Jahrhundert bis in die Gegenwart
  • Guillaume Appolinaire Museum, einer der bedeutensten französischen Poeten des 19. Jahrhunderts.

Für meinen Partner lag der Hauptfokus ganz klar auf das Museum der Rennstrecke, die er in den 90er Jahren zu einem Formel 1 Wochenende besuchte. Für seinen Geschmack, hätte gern etwas mehr Formel 1 in der Ausstellung zu sehen sein. Aber als Autofan war er kurz vor einem Kniefall, als er einen Ferrari F40 in den Gemäuern der Ausstellung erblickte.

Der Ticketpreis von 8,00 € direkt an der Kasse beinhaltet den Besuch von allen drei Museen. Wer 50% auf den Einzeltarif für Erwachsene sparen möchte, kann sich online einen Coupon herunterladen.

Vor der Abtei stehen die Überreste der alten Abteikirche aus dem 11. Jahrhundert. Über Kopfsteinpflaster geht es von hier in den Ortskern.

Abtei von Stavelot

Abtei von Stavelot

Außenanlage der Abtei von Stavelot

Außenanlage der Abtei von Stavelot

Museum der Rennstrecke Spa-Francorchamps

Museum der Rennstrecke Spa-Francorchamps

Rundgang zum Fürstbistums in Stavelot

Rundgang zum Fürstbistums in Stavelot

Place Saint-Remacle

Der Place Saint-Remacle mit zahlreichen Brunnen ist von alten Fachwerkhäusern mit Schieferdächern umgeben. Ich muss ehrlich gestehen, ich war ein wenig enttäuscht. Vielleicht lag es am verschneiten Wetter oder daran, dass der Platz hauptsächlich als großen Parkplatz genutzt wird. Ein bisschen mehr habe ich nach den vielen beschreibungen in diversen Broschüren erwartet. Beim Schlendern durch die schmalen Gassen ist mir immer wieder der Blanc Moussi an den Häuserfassaden zu finden.

Place Saint-Remacle in Stavelot im Winter

Place Saint-Remacle in Stavelot im Winter

Laetare – Karneval mit den Blancs Moussis

„In weiß gekleidet“ bedeutet Blanc Moussi im wallonischen Dialekt. Der weiße Kapuzenmantel mit der langen roten Nase ist das Sinnbild der Stadt. Ich bin ehrlich, ich habe kein Karneval im Blut aber mich interessiert der geschichtliche Hintergrund zu dieser auffälligen Figur.

In Stavelot gibt es eine Bruderschaft der „Blancs Moussis“ mit hohem Bekanntheitsgrad. Der Ursprung reicht bis ins Jahr 1502 zurück. Bei den Geistlichen in Europa kam es zum Ende des Mittelalters zu einem offenkundigen Sittenverfall, wo auch die Mönche aus Stavelot von getroffen waren. Sie nahmen am Karneval teil! Aber der damalige Fürstabt war ein Spielverderber und verhängte Sanktionen. Die Bevölkerung von Stavelot erinnerten sich aber sehr gern an die Mönche und ihre Teilnahme und verkleideten sich mit einer Kapuze und einer Robe. Der Abt verbot irgendwann diese Art von Verkleidung. Aber die Staveloter tauschten das Kostüm und der Mantel und die Kapuze wurden weiß. Zur Krönung gab es die markante rote Nase. Damit wurde der Blanc Moussi im Jahre 1502 ins Leben gerufen.

Wer die Blancs Moussis live in Stavelot erleben möchte, sollte sich für 2019 das Wochenende vom 30. März bis 1. April vormerken. An drei Tagen gibt es einen Karnevalsball, diverse Umzüge mit jeder Menge Konfetti.

Blanc-Moussi Kostüm

Blanc-Moussi Kostüm

Blanc-Moussi auf dem Kreisverkehr in Stavelot

Blanc-Moussi auf dem Kreisverkehr in Stavelot

Auf eine Tüte belgischer Pommes

An meinen ersten Tag in Belgien durften die berühmten belgischen Pommes natürlich nicht fehlen. Doch was unterscheidet sie eigentlich von anderen Frites? Es ist das Fett in dem sie heiß ausgebacken werden. Es handelt sich um Rinderfett und nicht um das weit verbreitete Pflanzen- bzw. Palmfett.

Gegenüber der Abtei hat die „Friterie Sebastian“ geöffnet und ich bestelle ganz stolz auf meinem brüchigen Schulfranzösisch zwei Tüten cornet de frites avec mayonnaise. S‘il vous plaît. Okay, ich spreche eher europäisch, denn bei deux rutscht mit dos raus. Aber mit einem Schnunzeln werde ich verstanden und bedient.

Am ersten Tag in Belgien merke ich bereits, dass ich mit englisch nicht weit komme. Aber das ist nicht schlimm, ich komme zurecht. Und die Pommes? Die typische Papiertüte ist so lang wie mein Unterarm und die Mayo wurde auf zwei Etagen auf den Pommes beim Eintüten verteilt. Für insgesamt 3,60 € ist das mehr als ein günstiger Snack.

Malmedy

Wo die Flüsse Warche und Warchenne zusammenfließen liegt das ca. 12000 Einwohner zählende Örtchen Malmedy. Die Flüsse und die nahe Umgebung zu den Ardennen und zum Hohen Venn ließen in der Vergangenheit Handwerk wie Gerbereien, Ledermanufakturen und Papiermühlen ansässig werden. Tatsächlich ist die Lederindustrie älter als die der Papierherstellung in Malmedy.

Wenn man in Malmedy reinfährt, fällt der erste Blick nicht auf die Flüsse, sondern auf die Turmspitzen der Kathedrale. Sie sind der perfekte Wegweiser, um sich in der Stadt zu orientieren. Von hier aus, habe ich den Stadtkern erkundet.

Die Geschichte von Malmedy ist sehr bewegend, vor allem was die Besatzungen in der Vergangenheit angeht: von der Invasion der Normannen in 881 bis zur Übernahme von Deutschland in 1940. Weihnachten 1944 wurde der kleine Ort durch die Bombardierungen der amerikanischen Truppen fast vollständig zerstört. Aufgrund der vielen Besatzungen geht Malmedy mit dem Titel „Europäer der ersten Stunde“ in die Geschichtsbücher ein.

Malmundarium

In der ehemaligen Klosteranlage, neben der Kathedrale gelegen, taucht der Besucher im Malmundarium in Themen ein, die Malmedy bis heute prägen. In den restaurierten Räumlichkeiten gibt es interaktive Ausstellungen der Lederindustrie sowie der Papierherstellung. So wie in Stavelot, ist auch in Malmedy der Karneval ein großes Thema. Das Malmundarium beherbergt das Karnevalsmuseum inklusive dazugehörigen Ateliers.

Neben diesen Museen, findet der Besucher den Schatz der Kathedrale mit bedeutenden Goldschmiedekünsten aus der Lütticher Goldschmiede. Im Historium lernt der Besucher die bewegende Zeit der Stadt: von der Gründung der Abtei um 648 bis zum Ende des zweiten Weltkrieges kennen.

An einem Regentag nutzte ich die Zeit für einen ausgedehnten Besuch. Der Eintrittspreis für alle Bereiche liegt bei 6,00 €. Fotografieren ist leider nicht gestattet.

Malmundarium in Malmedy

Malmundarium in Malmedy

Malmedy „Itinéraire de la Memoire“

Um Malmedy und seine bedeutenden Gebäude kennenzulernen, bietet der Tourismus-Service einen 3,3 km langen Spaziergang durch die Stadt an. Auch wenn 3,3 km für mich normalerweise keine Strecke ist, habe ich sie bei Dauerregen dann doch abgebrochen. Es machte einfach keine Freude und ich flüchtete in die nächste Pâtisserie. Einige der geschichtlichen Gebäude habe ich trotzdem gesehen:

  • Obelisk (Place Albert 1er) auf dem früheren Maktplatz
  • Kathedrale St. Peter, Paul und Quirin (Place du Châtelet 1)
  • Rathaus (Rue Jule Steinbach 1)
  • Villa Lang (Rue Jule Steinbach 2)
  • Villa Steisel (Place du Châtelet 2)
  • Malmundarium (Place du Châtelet 10)
Rathaus (li.) und Villa Steisel (re.)

Rathaus (li.) und Villa Steisel (re.)

Obelisk auf dem früheren Marktplatz

Obelisk auf dem früheren Marktplatz

Malmundarium und Kathedrale

Malmundarium und Kathedrale

Le Baiser de Malmedy

Belgien ist nicht nur bekannt für Pommes Frites und Schokolade. In Malmedy gibt es einen besonderen Baiser, der in den meisten Bäckereien zu kaufen ist. Le Baiser de Malmedy besteht aus zwei Schaumgebäckteile, welche mit Buttercreme gefüllt sind. Diese Spezialität geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Das Gebäck erinnert an zwei sich berührende Münder und damit ist der Name baiser entstanden, was Kuss bedeutet.

Jede Bäckerei, Pâtisserie oder Chocolaterie scheint den Kuss von Malmedy etwas anders zu interpretieren. Ich habe ihn in ganz unterschiedlichen Geschmacksrichtungen gefunden und selbstverständlich probiert.

Cwarmê – Karneval in Malmedy

Cwarmê ist die Karnevalszeit, die am Samstag vor der Fastenzeit beginnt und am Fastnachtsdienstag endet. An diesen vier ausgelassenen Tagen grandes haguètes genannt, gehen vier fette Donnerstage den p‘titès haguètes voraus. Seit Jahrhunderten verkleiden sich die Bewohner von Malmedy. Es gibt Aufzeichnungen von 1666, als ein junges Mädchen unter ihrer Maske durch ein Feuer umkam, was sich an einen der fetten Donnerstagen ereignete.

Der erste Fettdonnerstag ist ein Kinderkarneval, den ich leider um eine ganze Woche verpasst habe. Was ich damit auch verpasst habe, ist die gleichnamige Waffel. Nur an den Fettdonnerstagen wird in Malmedy von den lokalen Bäckereien die Cwarmê Waffel verkauft. Ihre Rezeptur ist natürlich geheim. Ich weiß aber, sie wird mit viel Puderzucker angeboten.

Der Cwarmê sollte nicht unbedingt mit einem klassischen Karnevalsumzug verglichen werden. Interessanterweise gibt es 15 traditionelle Kostüme und Masken im Cwarmê, wie zum Beispiel „grosse police“ (fette Polizei), die eine zentrale Rolle spielt und u.a. die Umzüge anführt. In allen karnevalistischen Gesten und Schreien versteckt sich ein geschichtlicher Hintergrund, was für Außenstehende nicht ganz so einfach zu durchschauen ist.

 

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Über die Autorin / Autoren

Als gebürtige Brandenburgerin arbeite ich dort, wo andere in Norddeutschland ihren Urlaub verbringen. Meinen Urlaub verbringe ich am liebsten als leidenschaftliche Wildlife Fotografin - zwischen A wie Afrika bis Z wie Zingst!