Aktualisiert am 13.06.2022

Nordnorwegen. Noch nie war ich soweit oben im Norden! Und dann auch noch im Winter! Ich, die Sonne und Wärme liebt. Ob das gut geht? Aber es ist die Zeit der Polarnacht, wenn es weder einen Sonnenauf- noch Sonnenuntergang gibt. Das reizt mich. Und natürlich die Polarlichter. Von meinen Planungen, Hoffnungen, Enttäuschungen und Höhepunkten der Reise liest du hier.

Vorbereitungen für den Winter nördlich des Polarkeises

Bevor ich mich auf den Weg nach Tromsö mache, muss ich erstmal winterfest gemacht werden. Schließlich geht es nördlich des Polarkeises. Was hält am besten warm? Ich stöbere mich durch skandinavische Fachzeitschriften für Outdoorkleidung und surfe auf Webseiten für Skiunterwäsche.

Erster wichtiger Punkt: keine Baumwolle! Sie saugt sich voll, wenn man ins Schwitzen kommt und transportiert keine Feuchtigkeit vom Körper weg. Also, entweder Synthetik oder Wolle. Ich entscheide mich für synthetische Sportunterwäsche sowie Outdoorhose und kuschelige Wollsocken! Dazu gibt es jede Menge wieder benutzbarer Wärmepads für die Jackentaschen und für die Kamera. Gerade bei kalten Temperaturen verlieren Akkus schnell ihre Leistung. Damit sollte ich doch bestens ausgerüstet sein!

die ersten Vorbereitungen für Tromsö

die ersten Vorbereitungen für Tromsö

Ausflüge für Tromsö planen und buchen

Neben der Jagd nach den Polarlichtern gibt es jede Menge weiterer toller Aktivitäten, die in Tromsö zur Zeit der Polarnächte von unterschiedlichen lokalen Veranstaltern angeboten werden: Schneeschuhwandern, Hundeschlitten- oder Rentierschlitten fahren, Wale beobachten und vieles mehr. Auf meiner Liste stehen ganz oben: Polarlichter sehen und selbst einen Hundeschlitten fahren.

Wie Flug und Hotel, buche ich auch die Ausflüge online. Dabei achte ich aber darauf, dass der Touranbieter sein Büro in der Innenstadt von Tromsö hat, um bei irgendwelchen Fragen einen Ansprechpartner zu haben.

Bei der Buchung der Hundeschlittenfahrt gibt es in meinem Reisezeitraum nicht mehr so viele Auswahlmöglichkeiten, ich ergattere für meinen 2. Tag in Tromsö den letzten Platz. Alle anderen Tage sind für Ende November/ Anfang Dezember bereits ausgebucht!

Auf geht es nach Norwegen

Die letzten Tage bevor es los geht, starre ich fast minütlich auf meine Polarlichter App und den norwegischen Wetterbericht. Es ist mit knapp 3°C genauso kalt wie in Norddeutschland und ein Tag vor Abflug schneit es sogar. Juhu, Hundeschlittenfahrt, ich komme!

Von Hamburg über Oslo (Nicht vergessen! In Oslo das Gepäck holen, durch die Sicherheit und Gepäck wieder aufgeben!) geht es hoch nach Tromsö. Bevor ich in den Flieger steige, sehe ich über Oslo einen letzten Sonnenuntergang, bei klarem Himmel. Klarer Himmel ist gut, vielleicht sind die ersten Polarlichter bereits aus dem Flugzeug zu sehen? Aber ich kann noch keinen grünen Streif ausfindig machen.

Oslo Airport

Oslo Airport

Ankunft in Tromsö

Mit den Flughafenbus geht es ins Stadtzentrum von Tromsö. Die größte Stadt in Nordnorwegen bietet einige Superlative, wie den nördlichsten botanischen Garten der Welt, die nördlichste Kathedrale der Welt oder auch die nördlichste Universität der Welt. Die knapp 15.000 Studenten prägen definitiv die Stadt. Es gibt viele Restaurants und Bars sowie auffällig viele Fitnessclubs.

Ich stehe am Hafenrand neben dem Polarmuseum und schaue über das schwarze Wasser. Auf der anderen Seite des Ufers erkenne ich eine von Tromsös nördlichsten Wahrzeichen – die arktische Kathedrale. Jetzt erst begreife ich, ja, ich bin tatsächlich in Tromsö, dem Tor zur Arktis.

Hafen von Tromsö

Hafen von Tromsö

Blick auf die Arktische Kathedrale

Blick auf die Arktische Kathedrale

die Innenstadt von Tromsö zur Weihnachtszeit

die Innenstadt von Tromsö zur Weihnachtszeit

die Bibliothek von Tromsö im Stadtzentrum

die Bibliothek von Tromsö im Stadtzentrum

Erstes Erwachen nördlich des Polarkeises

Gegen 9.30 Uhr wird es tatsächlich hell. Die kläglichen Schneereste vom gestrigen Tag sind nicht der Rede wert und der graue und wolkenverhangene Himmel hat fast schon hanseatischen Charme.

Ich komme ins Grübeln. Reicht der Schnee für die morgige Hundeschlittentour? Bis jetzt habe ich nur die Bestätigung der Abholzeit für die heutige Polarlichtjagd per E-Mail erhalten. Ich schaue einfach im Büro vorbei. Leider ist in den letzten Tagen zu wenig Schnee gefallen und die Tour muss abgesagt werden. Der volle Betrag, welcher nicht wenig ist, wird in den nächsten Tagen auf meine Kreditkarte zurück gebucht.

Ich bin schon sehr enttäuscht, aber das Wetter kann ich nicht ändern. Ein Plan B muss her! Ich buche um auf Whale watching. Leider ist hier alles ausgebucht. Okay. Aber es gibt zum Glück noch mehr Anbieter. In der gleichen Straße laufe ich in das nächst beste Büro, welches Whale Safaris anbietet. Bei der Polar Charter habe ich doch noch Glück und ergattere für morgen einen Platz. Das Schiff liegt auch direkt neben meinem gebuchten Hotel.

Blick von der Tromsö-Brücke in den Hafen

Blick von der Tromsö-Brücke in den Hafen

Blick von der Tromsö-Brücke auf den Hafen und das Stadtzentrum

Blick von der Tromsö-Brücke auf den Hafen und das Stadtzentrum

vor der Eismeerkathedrale

vor der Eismeerkathedrale

die nördlichste Kathedrale der Welt

die nördlichste Kathedrale der Welt

Sehenswürdigkeiten in Tromsö

Jetzt kann ich mich endlich aufmachen und Tromsö im hellen erkunden. Zu Fuß geht es über die Brücke zur Arktischen Kathedrale. Der Bau erinnert an die Spitze eines Eisberges. Zu gern würde ich sie mir auch von innen ansehen, aber in eine Beerdigung möchte ich ungern reinplatzen.

Ganz in der Nähe der Kathedrale liegt auch die Station der Fjellheisen Seilbahn. Mit einem kleinen Umweg durch ein Wohngebiet erreiche ich die Station. Ein Ticket kann ich jedoch zurzeit nicht lösen. Aus technischen Gründen fährt die Seilbahn nicht, aber sie arbeiten daran. Soll ich solange warten? Mittlerweile ist es nach 12 Uhr und der grau verhangene Himmel ist nicht wirklich vielversprechend für eine tolle Sicht. Ich entscheide mich weiter zu gehen.

Vom Parkdeck eines Supermarktes versuche ich das Panorama der Stadt zu fotografieren. Nach dem Besuch des lokalen Supermarkes laufe ich über die Brücke zurück auf die Insel Tromsøya. Gegen 14 Uhr ist es so gut wie dunkel und es fängt leicht an zu schneien.

Blick auf Tromsö und das Polaria

Blick auf Tromsö und das Polaria

Polarlichter Jagd

Kurz vor 18 Uhr werde ich und 2 weitere Gäste vor dem Hotel mit einen Minibus abgeholt. Wir sind zu elft mit unserem Guide Meda. Im Bus sitzt die halbe Welt von Malaysia bis Puerto Rico und alle wollen die mystisch grüne Aurora borealis sehen.

Zuerst aber benötigen wir klaren Himmel und so geht unsere Fahrt für die nächsten 2,5 Stunden in Richtung Osten. Wir versuchen den Schneewolken zu entkommen, aber irgendwie wird es immer weißer um uns herum. Das Fahren durch die Dunkelheit macht müde und die Begeisterung für die Polarlichtersuche weicht bei vielen für ein kurzes Nickerchen.

Zwischendurch halten wir kurz und Meda schaut sich den Himmel genau an. Wir ändern unsere Route und gegen 22 Uhr finden wir tatsächlich klaren Himmel. Am Ufer eines Sees schlagen wir unser Lager auf. In Thermoanzügen sitzen wir auf Rentierfellen und essen warmen Eintopf unter dem arktischen Sternenhimmel. Der Polarstern ist genau über uns! Der Sternenhimmel und die Sternbilder sind wirklich grandios.

Sternenhimmel über Nordnorwegen

Sternenhimmel über Nordnorwegen

Wo bleiben die Polarlichter?

Wo bleiben die Polarlichter?

Wir bauen alle unsere Kameras und Stative auf und machen Fotos von unserer eisigen Umgebung. Am knisterndem Lagerfeuer mit Marshmallows vertreiben wir uns die Zeit und hoffen alle auf ein kleines bisschen grün am Himmel. Leider macht mir auch hier das Wetter ein Strich durch die Rechnung. Gegen Mitternacht ziehen über den Bergen Wolken auf und wir packen zusammen.

Wir sind ca. 2 Stunden von Tromsö entfernt. Die Stimmung ist ein wenig getrübt, aber die Natur lässt sich nicht ändern. Auf unseren Weg zurück halten wir auf einem Feld, als sich der klare Sternenhimmel zeigt. Wir versuchen einfach unser Glück, wobei ein Teil der Truppe doch lieber im Bus wartet. Der Sternenhimmel ist wirklich unbeschreiblich und jeder Versuch ihn in einer Langzeitbelichtung festzuhalten kommt der Realität noch nicht mal im Ansatz nahe.

norwegischer Sternenhimmel ohne Polarlicht

norwegischer Sternenhimmel ohne Polarlicht

Die Polarlichter erscheinen auch an diesem Ort nicht. So packen wir erneut zusammen und fahren zurück nach Tromsö. Gegen 3 Uhr falle ich dann ins Bett, um wenigstens von Polarlichtern zu träumen.

Plan B – Whale Watching vor Tromsö

Nach 4,5 Stunden Schlaf klingelt mich der Wecker wach. Ein schnelles Frühstück und dann geht es auch schon raus auf´s Eismeer. Um kurz vor 9 Uhr stehe ich dick eingepackt an Deck der MS Polargirl. Es fängt an zu dämmern, als die Polargirl den Hafen von Tromsö verlässt.

Nach kurzer Einweisung durch die nette Crew entdecke ich meinen Lieblingsplatz an Bord des Schiffes. Ich stehe am Bug und bin von dem Anblick der verschneiten Umgebung völlig überwältigt. Die Luft und der Himmel ist klar. Auf unserer Tour können wir vor allem mit der Sichtung von Schwertwalen, den sogenannten Orcas sowie auch mit Buckelwalen rechnen.

im Eismeer vor Tromsö

im Eismeer vor Tromsö

Typisch skandinavische Holzhäuser

Typisch skandinavische Holzhäuser

Whale Watching mit der MS Polargirl

Whale Watching mit der MS Polargirl

im Eismeer vor Tromsö

im Eismeer vor Tromsö

Schwertwal im Eismeer

Schwertwal im Eismeer

Ich bin ganz ruhig und genieße die Aussicht. Die kalte Luft bläst mir die kurze Nacht aus dem Gesicht. Nach ca. 1,5 Stunden Fahrt entdeckt der Kapitän die ersten Schwertwale. Langsam ändern wir den Kurs. Die Polargirl und seine Crew sind eine der ersten Unternehmen in Tromsö, die Walbeobachtungen anbieten und ihre Erfahrung scheint sich auszuzahlen.

Die Crew erklärt uns das Verhalten der Orcas. Die bis zu 9 m großen Meeressäuger jagen im Familienverband Heringsschwärme. Der Anblick der Tiere löst so eine Erleichterung in mir aus, das ich ein Taschentuch brauche. Der gestrige Tag, der so gar nicht nach meinen Wunschvorstellungen war, hat mich wohl doch mehr mitgenommen, als ich dachte. Die jagenden Orcas haben nun alles raus geholt.

Die Polargirl fährt immer weiter aufs Eismeer raus und immer mehr Schwertwale tauchen in großen Gruppen auf. Sie kommen sogar ganz neugierig nah ans Boot heran. In der Ferne sehen wir sogar einen einsamen Buckelwal.

Orca auf Heringsjagd

Orca auf Heringsjagd

Orca auf Heringsjagd

Orca auf Heringsjagd

Orcas jagen im Familienverband

Orcas jagen im Familienverband

Orcas auf Heringsjagd

Orcas auf Heringsjagd

Orcas auf Heringsjagd

Orcas auf Heringsjagd

Schwertwale (Orcas)

Schwertwale (Orcas)

Polarnachthimmel um ca. 12.30 Uhr

Polarnachthimmel um ca. 12:30 Uhr

Polarnachthimmel um ca. 13:00 Uhr

Polarnachthimmel um ca. 13:00 Uhr

Die Spitzen der Berge sind ganz golden, durch die dahinterliegende Sonne. Vom Gefühl denke ich, dass die Sonne jeden Augenblick hinter den Bergen aufsteigen würde, aber kein einziger Strahl lässt sich blicken. Der Himmel ist in Pastelltönen gezeichnet.

Mittlerweile ist es fast 13 Uhr und ich stehe seit knapp 4 Stunden draußen. Eine Engländerin spricht mich an, wie ich es nur so lange hier draußen aushalte. Mein Zwiebellook aus Sportunterwäsche und Thermohose hat sich bezahlt gemacht. Die Wärmepads wärmen noch zusätzlich. Meine Füße sind zwar auch mit Wollsocken langsam ganz schön kalt, aber ich finde es hier draußen einfach zu schön. Langsam setzt die Dämmerung ein und der Himmel verwandelt sich in das von Fotografen so beliebte blau.

Als ich kaum noch Orcas im Wasser ausmachen kann, lockt mich der Duft von heißen Waffeln dann doch ins Innere des Bootes. Mit Jon von der Crew, der die gesamte Zeit auch an Bord die Wale fotografierte, komme ich schnell ins Gespräch. Seine Fotos hängen im ganzen Schiff und er schwärmt von Svalbard, wo die Polargirl im Sommer vor Anker liegt.

Wie wäre es mit Svalbard im nächsten Sommer??

Wie wäre es mit Svalbard im nächsten Sommer??

Noch weiter nördlich, wo Eis und Kälte in den Sommermonaten ist, dafür aber Eisbären, Walrösser und Blauwale sind. Mein Tier- und Fotografenherz wird ganz hellhörig.
Es ist fast schon wieder dunkel als wir im Hafen anlegen. Ich nutze die blaue Stunde für ein paar Langzeitbelichtungen.

mystisch blauer Polarnachthimmel um ca. 14:15 Uhr

mystisch blauer Polarnachthimmel um ca. 14:15 Uhr

Zu guter letzt – Tromsö von oben

Aber der Tag ist noch nicht zu Ende und ich gebe nicht auf. Diesmal gehe ich nicht zu Fuß, sondern löse ein Busticket und fahre zur Seilbahn. Hoffentlich ist sie repariert worden! Von weiten sehe ich schon die Gondel den Berg runter gleiten. Sie fährt! Ich kaufe ein Ticket und die Gondel bringt mich in luftige Höhe.

Auf dem Berg Storsteinen in über 400 m Höhe liegt dicker Schnee. Mit Spikes unter den Schuhen und Taschenlampe in der Hand stapfe ich durch die Winterlandschaft. Der Ausblick auf Tromsö und die Insel Tromsøya bei Nacht ist ein sagenhafter Anblick. Der Himmel ist sternenklar. Was mir jetzt noch fehlt ist das Polarlicht, wie ich es auf so ziemlich jeder Postkarte gesehen habe.

Blick von der Seilbahnstation auf Tromsö

Blick von der Seilbahnstation auf Tromsö

Aber ich habe meinen Frieden gefunden und genieße den letzten Abend in Tromsö. Es gibt einfach diese Orte, die einen nicht sofort all seine Schätze offenbaren und trotzdem fesseln. Tromsö gehört für mich dazu und ich möchte unbedingt wiederkommen. Zur Polarnacht natürlich.

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Über die Autorin / Autoren

Als gebürtige Brandenburgerin arbeite ich dort, wo andere in Norddeutschland ihren Urlaub verbringen. Meinen Urlaub verbringe ich am liebsten als leidenschaftliche Wildlife Fotografin - zwischen A wie Afrika bis Z wie Zingst!